Marketing von Dienstleistungen

Emotion, Erfahrung, Empfehlung - Die Vertrauenskomponente

Dienstleistungsmarketing wird auch als Service Marketing bezeichnet[1]. Es bezeichnet das Marketing von Dienstleistungsanbietern[2]. Im Wesentlichen werden das institutionelle und das funktionelle Dienstleistungsmarketing unterschieden[3]. Das institutionelle Dienstleistungsmarketing beschäftigt sich mit dem Marketing von reinen Dienstleistungsunternehmen wie z.B. Versicherungen[4]. Im Gegensatz dazu setzt sich das funktionelle Dienstleistungsmarketing mit dem Marketing von Unternehmen auseinander, bei denen die Dienstleistungen den Absatz von Sachgütern fördern[5]. Das Marketing von Dienstleistungen umfasst alle Elemente, die eine Dienstleistung für potentielle Abnehmer attraktiv machen und somit zum Markterfolg des Unternehmens beitragen. Es verlangt die Betrachtung aller Unternehmensaktivitäten unter dem Blickwinkel der Vermarktungsfähigkeit der Leistungen. Dienstleistungsmarketing kann als Leitkonzept des Managements oder als gleichberechtigte Unternehmensfunktion interpretiert werden. Ausgehend von der klassischen Auffassung des Begriffs Marketing, kann es als marktorientiertes, duales Führungskonzept verstanden werden[6]. Im Gegensatz zum Konsumgütermarketing und Investitionsgütermarketing, bei denen die Zielgruppe ausschließlich die privaten Verbraucher beziehungsweise die anderen Unternehmen sind, können bei der Vermarktung von Dienstleistungen sowohl private Abnehmer als auch gewerbliche Kunden auftreten[7].

 

Die Unterteilung des Dienstleistungsmarketings in eine marktgerichtete und eine unternehmensgerichtete Dimension lässt zwei unterschiedliche Sichtweisen in Bezug auf die Dienstleistung des Unternehmens zu. Die marktgerichtete Dimension differenziert den Abnehmer der Dienstleistung nach Endverbraucher und gewerblichem Unternehmen. Die unternehmensgerichtete Dimension unterscheidet die betrachtete Dienstleistung des Unternehmens nach Kerndienstleistung und Sekundärdienstleistung[8]. Wesentliche Unterscheidungsmerkmale des Dienstleistungsmarketing gegenüber dem Marketing für physische Güter[9] liegen in dem abweichenden Kaufverhalten der Kunden begründet. Während bei den physischen Produkten ein Messen, Prüfen und Wiegen vor dem Kauf möglich ist, geht dies bei Dienstleistungen in der Regel nicht. Dies führt zu einer größeren Kaufunsicherheit beim potentiellen Kunden. Die emotionalen Elemente werden daher, neben den rationalen Argumenten, für die Kaufentscheidung immer bedeutsamer. Hierzu zählt neben Empfehlungen und den jeweils eigenen Erfahrungen insbesondere Vertrauen. Die Vertrauenskomponente bzw. -eigenschaft[10] und die Seriosität des Anbieters[11] ist für das Dienstleistungsmarketing von großer Relevanz. Sie trifft generell zu, wenn Erklärungsbedürftigkeit als Marketingimplikation für Dienstleistungsanbieter vorliegt[12]. Sie trifft im Besonderen zu, wenn die Nutzung der Dienstleistung teuer ist und/oder u.U. für den Kunden folgenreich sein kann[13]. Das Dienstleistungsmarketing muss diesen Besonderheiten der Dienstleistung[14], die u.a. in Form der konstitutiven Merkmale im Punkt 2.1.1 ausgearbeitet wurden, Rechnung tragen. Die gerade beschriebene Vertrauenskomponente ist die Folge der Immaterialität von Dienstleistungen. Es ist daher im Marketing des Dienstleistungsanbieters von besonderer Bedeutung, die Merkmale des Leistungspotentials so herauszustellen, dass sie eigenständige Qualitätsindikatoren für den potentiellen Kunden darstellen, die seine Kaufunsicherheit reduzieren. So können z.B. äußerlich wahrnehmbare, sichtbare und fühlbare oder erlebbare Merkmale solche eigenständige Qualitätsindikatoren sein. Eine weitere Besonderheit und bedeutender Teilbereich des Marketingprozesses ist die Einbeziehung eines vom Kunden gestellten externen Faktors. Durch den Einsatz marketingpolitischer Instrumente muss versucht werden, die Verfügbarkeit des externen Faktors im Sinne der Marketingziele zu steuern. Des Weiteren wirken sich die fehlende Lagerfähigkeit von Dienstleistungen und die Individualität der Dienstleistungen auf das Marketing des Dienstleistungsanbieters aus. Die beiden letztgenannten Punkte lassen sich jedoch zur Immaterialität und zum externen Faktor subsumieren[15].

 

Das Marketing für Dienstleistungen bewegt sich im prozessualen Beziehungs- und Spannungsfeld zwischen Dienstleistungsanbieter, internen und externen Kontaktfaktoren und Nachfrager. Auf dieser Basis lassen sich die Anforderungen an Gestaltungs- und Umsetzungsmöglichkeiten an ein externes, internes, interaktives und integriertes Marketing für Dienstleistungsanbieter ableiten. Absatzmarketing ist bei Dienstleistungsunternehmen ein übergreifendes, funktional in Produktions- und Verwendungsprozess bzw. -phase eingebundenes Konzept[16]. Weiter gefasst wird Dienstleistungsmarketing nach Bieberstein als eine Management-Konzeption zur zielorientierten Gestaltung von Austauschprozessen mit externen und internen Partnern definiert. Das interne Marketing zielt auf die Gestaltung der Austauschbeziehungen mit betriebsinternen Personen, um personelle und organisatorische Voraussetzungen für ein effizientes externes Marketing zu schaffen. Das externe Marketing bildet den Schwerpunkt des Konzeptes, das sich nicht nur mit der Gestaltung und Vermarktung materieller und immaterieller Leistungsergebnisse beschäftigt, sondern ebenso mit dem Prozess der Leistungserstellung[17].

 

Abschließend lässt sich Dienstleistungsmarketing als umfassende Konzeption des Planens und Handelns bezeichnen, bei der alle Aktivitäten des Dienstleistungsunternehmens konsequent auf die gegenwärtigen und zukünftigen Erfordernisse der relevanten Märkte ausgerichtet werden. Dabei wird die Bedürfnisbefriedigung der Kunden bei gleichzeitigem Erreichen der Unternehmensziele angestrebt[18].

 

[1] Vgl. Meffert, H. (2000), S. 1159; Biermann, T. (2003) S. 62.

[2] Vgl. Meyer, A., Blümelhuber, C. (1994), S. 14.

[3] Vgl. Meffert, H., Bruhn, M. (2003), S. 15; Meyer, A., Blümelhuber, C. (1994), S. 9 – 10.

[4] Vgl. Meffert, H., Bruhn, M. (2003), S. 19.

[5]Vgl. Corsten, H. (1994a), S. 6.

[6] Vgl. Meffert, H., Bruhn, M. (2003), S. 21.

[7] Vgl. Biermann, T. (2003), S. 61 – 63.

[8] Vgl. Meffert, H., Bruhn, M. (2003), S. 25; Meffert, H. (2000), S. 1159.

[9] Der Versuch einer Trennung in Sachleistungen und Dienstleistungen bzw. in Sachleistungs- und Dienstleistungsmarketing wird mit dem sogenannten "Marketing-Verbund-Kasten" unternommen: Vgl. Hilke, W. (1989), S. 8.

[10] Vgl. Scheuch, F. (2002), S. 32.

[11] Vgl. Braßler, A., Köditz, F. (1999), S. 329.

[12] Vgl. Scheuch, F. (2002), S. 31.

[13] Vgl. Biermann, T. (2003), S. 63.

[14] Vgl. Scheuch, F. (2002), S. 31 – 33.

[15] Vgl. Bieberstein, I. (2006), S. 54 – 60; Fließ, S. (2006), S. 560 ff.

[16] Vgl. Meyer, A., Blümelhuber, C. (1994) S. 12 – 15.

[17] Vgl. Bieberstein, I. (2006), S. 45.

[18] Vgl. Haller, S. (2005), S. 101 – 102.

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© Dipl.-Kfm. (FH) Hans-Jürgen Bruhn, 2020